Eine umsatzbasierte oder umsatzorientierte Finanzierung (Revenue Based Financing) kommt ursprünglich aus den USA und etabliert sich mittlerweile auch in Deutschland als Finanzierungsalternative. Der Clou dahinter: Anstelle einer reinen bonitätsabhängigen Betrachtung setzt sie an den bereits geschaffenen Werten eines Unternehmens an. Dieser Finanzierungsbaustein fokussiert sich auf “weiche” Assets wie Kund:innen und Umsätze als auch der Prognose an wiederkehrenden Umsätzen und Neukundengewinnung.
Es handelt sich dabei um eine Art der Finanzierung, bei der Kapital im Voraus gegen monatlich oder jährlich wiederkehrende Umsätze bereitgestellt wird. Banken agieren bei größeren Unternehmen ähnlich, indem sie eine auftragsbezogene („atmende“) Kontokorrentlinie mit einem gewissen „Bodensatz“ zur Verfügung stellen.
„Während Banken auf “harte” Sicherheiten wie Maschinen oder Immobilien setzen, können vor allem E-Commerce-Unternehmen diese werthaltigen Sicherheiten nicht bieten.“
Aus dieser Perspektive ist die umsatzbasierte Finanzierung insbesondere ein Instrument für Start-Ups und Scale-Ups, um ihren Cashflow effektiv gestalten zu können.
Keine klassischen Tilgungs- oder Zinsraten. Die Rückzahlungen orientieren sich am Umsatz
Anders als bei festen Zinssätzen eines traditionellen Bankendarlehens, erfolgt die Rückzahlung bei einer umsatzbasierten Finanzierung fußend auf einem Prozentsatz der zukünftigen Umsätze (Revenue Share) und kann zwischen 1% und 20% liegen. Die Auszahlung des Darlehens ist dementsprechend an den künftigen Umsätzen gekoppelt. Die Höhe der Rückzahlungssumme wird üblicherweise dabei gedeckelt (sogenannter Cap) und besteht sowohl aus einer Rückzahlungs- als auch einer Zinskomponente. Sie bewegt sich zwischen dem 1,5- bis 3-fachen des Investments. Da diese Rückzahlung nur an den Umsätzen gebunden ist, ist der Rückzahlungszeitraum flexibel gestaltet, jedoch nicht zeitlich unbegrenzt.
Üblicherweise wird auch hier zwischen kurzfristiger (weniger als 12 Monate) und langfristiger (maximal fünf Jahre) Finanzierung unterschieden. Die vorgesehene Zeit hängt davon ab, wie gut das Geschäft „funktioniert“. Mit anderen Worten: Wie hoch sind die monatlichen Umsatz- und Wachstumserwartungen?
Analyse der KPIs ist entscheidend
Da die Assets Umsätze und Kundenstamm das einzige Kriterium sind, dass die Spanne der Rückzahlung determiniert, verfolgen die Finanzierungsgeber einen datengetriebenen Ansatz und prüfen verschiedene Metriken. Diese KPIs bestimmen die Investitionsentscheidung, die Höhe der Finanzierung und den Anteil der Rückzahlung.
Zu diesen Kennzahlen gehören etwa:
- Monatliches / jährliches Umsatzwachstum (Monthly/Yearly Revenue Growth),
- Kundenabwanderungsrate (Customer Churn Rate),
- Kundenkonzentration (Customer Concentration),
- Netto-Effekt aus verlorenem Umsatz (Revenue Churn) und Mehrumsatz von erhaltenen Kunden (Account Expansion),
- Und damit auch in Kombination die Kapitalaufbrauchsperiode (Cash Runway).
Je schneller der Umsatz wächst, desto schneller wird die vereinbarte Rückzahlung erreicht. Allerdings ist dies nicht immer ein Vorteil, da durch den steigenden internen Zinsfuß (auch Internal Rate of Return genannt) die Kosten steigen. Darüber hinaus erhalten Unternehmen einmalig die zugesagte Finanzierung auf einen Schlag. Sollte diese nicht direkt umgesetzt werden, treibt diese Überfinanzierung die Kapitalkosten und wirkt sich negativ auf die Kapitaleffizienz aus.
Revenue Based Financing eignet sich demzufolge vor allem für Unternehmen, die bereits belastbare und wachsende Umsätze verfügen. Im Idealfall handelt es sich dabei um wiederkehrende Umsätze mit hohen Bruttomargen. Dadurch können die monatlichen Kosten der Umsatzbeteiligung besser ausgeglichen werden, sodass die Markttauglichkeit (Product-Market-Fit) des Produkts eine weitere Voraussetzung darstellt.
Neben dem eigenen Umsatz sind keine weiteren Sicherheiten oder persönliche Garantien und Bürgschaften der wirtschaftlichen Berechtigten notwendig. Dies hat den großen Vorteil, dass sich auch junge Unternehmen eine neue Kapitalquelle erschließen können, die nicht auf Eigenkapital und damit der Verwässerung der eigenen Gesellschaftsanteile beruht.
Entwickelt sich das Unternehmen nicht wie erwartet, passt sich auch die Höhe der monatlichen Rückzahlungen an.
Konsistenter, prognostizierbarer Einkommensfluss
Eine weitere Form der umsatzbasierten Finanzierung ist eine strikte Orientierung am wiederkehrenden Umsatz (Recurring Revenue Financing), der typischerweise aus langfristigen Kundenverträgen oder abonnementbasierten Modellen resultiert. Der Unterschied spiegelt sich einzig bei den Rückzahlungsmodalitäten wider.
Die Kosten zur Finanzierung wiederkehrender Einnahmen werden zu Beginn festgelegt und bleiben über den gesamten Zeitraum konstant; sie sind nicht an ein Umsatzwachstum gekoppelt. Kapital wird demnach einem Unternehmen in der Regel nur bis zu einer bestimmten finanziellen Grenze zur Verfügung gestellt, die von jährlichen Wiederholungsverkäufen abhängt.
Revenue Based Financing als Eigenkapitalfinanzierung
Die umsatzbasierte Finanzierung ist ein sehr einfaches und völlig transparentes Finanzierungsinstrument, welches insbesondere E-Commerce-Unternehmen ermöglicht, wiederkehrende Umsätze bereits im Vorfeld zu monetarisieren. Durch die Kopplung an den Umsätzen passt sich die Rückerstattung automatisch an den Cashflow des Unternehmens an.
Je nach vertraglicher Ausgestaltung kann dieser Finanzierungsbaustein unter gewissen Bedingungen auch als qualifiziertes Nachrangkapital gelten und damit die Bonität und somit das Rating bei Banken erhöhen. Die Bewertung, ob Nachrangkapital zum Eigenkapital zählt, hängt von einigen Faktoren ab. Es gilt jedoch: Je länger die Laufzeit, desto eher besteht auch ein Eigenkapitalcharakter. Eine umsatzbasierte Finanzierung kann demnach einen eleganten Weg darstellen, um Ihr Eigenkapital zu erhöhen und Wachstum zu finanzieren – ohne dabei Anteile abzugeben. Jedoch ist diese Finanzierungsform erst sinnvoll, wenn ein Unternehmen bereits am Markt etabliert ist und vor allem ein stabiles Geschäftsmodell mit positivem Cashflow aufweist