Experteninterview: Im Gespräch mit Heinrich Mittag
Die derzeitige Mischung aus Unsicherheit, Krise und Regulierung dauert an und viele Unternehmen geraten finanziell in Bedrängnis. Gerade Banken agieren zunehmend zurückhaltend und rein auf eine optimale Bonität fixiert. Dadurch rücken Alternativen wie objektbasierte Finanzierungen stärker in den Fokus.
Pecunia Flow: Herr Mittag, wie schätzen Sie gegenwärtig das finanzielle Umfeld für mittelständische Unternehmen ein?
Heinrich Mittag: Es gibt für KMU aktuell viele Anlässe zu investieren: Energie- und Mobilitätswende, digitale Transformation und KI, Kreislaufwirtschaft und mehr. Doch die Weiterentwicklung droht hierzulande ins Stocken zu geraten. So prognostizierte das Kiel Institut für Weltwirtschaft im Handelsblatt, dass die Investitionen bis Ende 2024 verglichen mit dem vierten Quartal 2019 nur um 2,2 Prozent steigen könnten. Zum Vergleich: In Großbritannien sollen sie um 7,2 Prozent wachsen.
Andere Erhebungen stützen die Sicht: So hat eine Capgemini-Studie gezeigt, dass angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage Zurückhaltung bei den Investitionen herrscht. Bei der ökologischen Nachhaltigkeit gab über die Hälfte der Befragten an, die Ausgaben verringert zu haben; mehr als ein Drittel will zudem wichtige Investitionen bei der Qualifizierung und Weiterbildung reduzieren. Ein riskantes Unterfangen in Zeiten des immer gravierenderen Fachkräftemangels.
Dabei ist Letzterer nur eine der Herausforderungen, denen begegnet werden muss. Investitionen sind hier ein zentraler Lösungsansatz, schließlich bedeuten sie Veränderung, Erneuerung und Anpassung.
Dass sich die Investitionsbereitschaft aktuell eingetrübt hat, liegt aber nicht am fehlenden Wissen um die Vorteile solcher Zukunftsausgaben. Vielmehr ist es die derzeitige Mischung aus Unsicherheit, Krise, Regulierung und Finanzierungsherausforderungen, die den Mittelstand ausbremst. Gerade die Banken agieren zunehmend zurückhaltend und rein auf eine optimale Bonität fixiert. So berichten laut aktueller KfW-ifo-Kredithürde fast 26 Prozent der Mittelständler von restriktivem Verhalten der Banken in der Kreditvergabe.
Die Maturus Finance GmbH bietet seit 15 Jahren objektbasierte Finanzierungslösungen für den Mittelstand an. Dieser rein assetbasierte Ansatz eignet sich insbesondere für Sondersituationen, in denen Bankenunabhängigkeit gefragt ist.
Foto: (©) Maturus Finance GmbH
Pecunia Flow: Unternehmen finden mit dem in Deutschland bisher kaum bekannten „Asset Based Finance“ neue Möglichkeiten. Für welche Anlässe ist dieser Finanzierungsbaustein besonders interessant? Können Sie das anhand eines konkreten Beispiels beschreiben?
Heinrich Mittag: Ein namhafter Werkzeugmaschinenhersteller hatte in seinen gewohnten Kundensegmenten starke Verschiebungen erlebt. Deshalb wurde im Unternehmen eine Neuausrichtung eingeleitet. Ein Sale & Lease Back half dem Produzenten, in diesen Restrukturierungsprozess zu investieren, indem es die Arbeitsliquidität stärkte. Denn trotz Kundenanzahlungen musste ein hoher Vorleistungsaufwand bewältigt werden. Später unterstützte SLB den Hersteller dabei, die Energiekrise zu bewältigen.
Die Finanzierung stabilisierte seine Liquidität und half bei der Anpassung an die neue Marktsituation. Zudem unterstütze Sale & Lease Back die Firma bei Investitionen in Modernisierungsmaßnahmen. Ermöglicht wurde die Finanzierung durch den selbst genutzten Maschinenpark aus eigener Produktion. Die Maschinen war keine Sonderanfertigung, sondern marktgängige Modelle und damit für den Ansatz geeignet. Sie wurden im Zuge des SLB verkauft und unmittelbar zurückgemietet.
Pecunia Flow: Welche Unternehmen eignen sich für eine objektbasierte Finanzierung besonders gut?
Heinrich Mittag: Sale & Lease Back (SLB) ist eine reine Innenfinanzierung und richtet sich an maschinenreiche Mittelständler. Diese verkaufen ihre werthaltigen, mobilen und gängigen Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrparks und mieten sie direkt wieder zurück. Dadurch wird Liquidität für Investitionen frei – zugleich können die Maschinen wie gewohnt weitergenutzt werden.
Investitionen sind hier ein zentraler Lösungsansatz, schließlich bedeuten sie Veränderung, Erneuerung und Anpassung.
Oft lassen sich mit SLB zudem stille Reserven heben. Da das Modell bonitätsunabhängig ist und die Auszahlung innerhalb weniger Wochen vonstattengeht, ist SLB auch für herausfordernde Zeiten geeignet.
Daneben bietet der Spezialkredit Asset Based Credit Produzenten, Händlern, Dienstleistern und Startups die Möglichkeit, sich mithilfe des Anlage- oder Umlaufvermögens zu finanzieren. Hier können neben Maschinen auch das Handels- und Fertigwarenlager sowie Sachwerte oder Immobilien als Kreditsicherheiten genutzt werden. Die objektbasierten Kredite bilden eine kurz- bis mittelfristige Option, um Investitionsvorhaben anzustoßen.
Pecunia Flow: Wie schätzen Sie die zukünftige Relevanz Asset-basierter Finanzierungen für 2024 ein?
Heinrich Mittag: Aufgrund der weiter oben bereits beschriebenen Unwägbarkeiten nicht nur in Deutschland oder Europa sehen wir für uns als einer der vielen Finanzierungsanbieter zukünftig eine weiterhin ansteigende Bedeutung neben der nach wie vor führenden Rolle der Hausbanken. Aus Sicht der Unternehmen wäre hier ein individueller Finanzierungsmix unter Einbeziehung verschiedener Bausteine wünschenswert. So ist die rein assetbasierte Finanzierung ein idealer Begleiter neben der Hausbank die zudem eine eindeutige komplementäre Komponente darstellt und nie in den Wettbewerb zur Hausbank tritt.
Heinrich Mittag (Dipl. Kfm.) verantwortet als Vertriebsleiter D/AT bei Maturus Finance den Auf- und Ausbau des Kooperationspartnersegments. Hierzu zählen neben Corporate Finance Beratern, Debt-Advisorern oder Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern auch Unternehmens- beratungen sowie andere Finanzierungsgesellschaften.
Zuvor war Herr Mittag lange Jahre für deutsche, US- amerikanische sowie Finanzierungsgesellschaften aus UK in vertriebsverantwortlich-en Positionen für das Corporate Business verantwortlich. Ferner war er Senior Partner eines führenden Beratungsunternehmens für Kostenmanagement und Einkauf.