Vor 5 Jahren war das Working Capital Management noch verpönt. Doch gerade im Umgang mit der Coronakrise gilt ein Motto mehr denn je: Cash is King. Zurzeit kann keiner abschätzen, wie lange die Krise durch das Coronavirus noch andauern wird.
Doch eins ist klar: Solange Geschäfte geschlossen, Grenzen abgeschottet und Betriebswerke dicht sind, leidet das operative Geschäft eines Unternehmens. Die Einnahmen brechen weg, während viele Fixkosten, wie beispielsweise Mietkosten und Gehälter bestehen bleiben.
Im gesamten Unternehmen muss daher die Liquiditätssicherung nun oberste Priorität haben.
Worauf Unternehmer bei der Ermittlung und Sicherung des Liquiditätsbedarfs achten sollten – die wichtigsten Tipps im Überblick.
Schritt 1: Transparenz über Liquidität herstellen
Als Erstes gilt es, eine Transparenz über die im Unternehmen verfügbare Liquidität herzustellen:
Wie viel liquide Mittel sind vorhanden und in welchem Umfang gibt es fest zugesagte Kreditlinien, die kurzfristig gezogen werden können und nicht durch denkbare Brüche der Kreditvereinbarungen bedroht sind?
Diese Zahlen sollten dann mit dem kurzfristigen Cash-Bedarf abgeglichen werden.
Diese kurzfristige Planung der Liquidität sollte sich am Zeithorizont von 13 Wochen orientieren und täglich angepasst werden. Zudem sollten Unternehmen eine mittelfristige Planung über sechs bis zwölf Monate erstellen. Viele Unternehmen können hier bereits auf eine bestehende Liquiditätsplanung aufbauen.
Schritt 2: Szenarien zur Liquidität rechnen
Im zweiten Schritt sollten Unternehmen unterschiedliche Szenarien formulieren und deren Folgen für den Cashflow durchrechnen. Ausgangspunkt dafür bildet dabei immer ein Worst-Case-Szenario: Wie lange reicht das Geld, wenn die Einnahmen wegen der Corona-Epidemie komplett wegbrechen, die Ausgaben aber normal weiterlaufen? Auf dieser Vorstufe können Unternehmer dann versuchen, sich der Realität anzunähern und weiter diverse Szenarien entwerfen.
Diese Szenarien unterscheiden sich je nach Cashflow-Profil und vor allem Geschäftsmodell der Unternehmen. Als Richtmaß für die Herleitung der Szenarien sollten sich Unternehmer speziell fragen, wie sich das eigene Geschäftsumfeld entwickelt, wenn sukzessive Effekte berücksichtigt werden.
So könnte beispielsweise die vorübergehende Schließung des Werkes eines Lieferanten an anderer Stelle zu Lieferengpässen und damit zu deutlichen Geschäftseinbußen führen. Jedes Liquiditätsszenario soll dann mit einer was-wäre-dann-Fragestellung untersucht werden.
Die einzelnen Szenario-Rechnungen helfen einerseits den Cash-Bedarf in einer unsicheren Situation abzuschätzen. Andererseits können Unternehmer derart auch erkennen, an welchen Stellen Abflüsse gestoppt werden könnten. So haben z.B. etwa zahlreiche Unternehmen bereits Kurzarbeit beantragt. Viele große Unternehmen legen geplante Renovierungen auf Eis, um den Cashflow zu schonen, und diverse Konzerne schütten keine Dividende an ihre Aktionäre aus.
Schritt 3: Working Capital Management forcieren
In der Regel reicht es aber nicht aus, nur die Cash-Abflüsse zu stoppen. Deshalb sollten Unternehmen ihr Working Capital Management im Ganzen intensivieren. Dabei ist es in Krisenzeiten in jedem Fall sinnvoll, die Bestände im Umlaufvermögen stets der aktuellen Auftragslage anzupassen, sie also herunterzufahren.“
Auch dem Debitoren- und Kreditorenmanagement sollte augenblicklich größeren Aufmerksamkeit geschenkt werden. Neben den Verhandlungen mit den Finanzierungspartnern über Stundungen und andere Erleichterungen, sind dies die wichtigsten Bausteine im Liquiditätsmanagement.
Zwar dürften in der derzeitigen Lage nur wenige Unternehmen gewillt sein, die Zahlungsziele ihrer Kunden zu verlängern oder ihre Lieferanten früher zu bezahlen. Schließlich trifft die Unsicherheit nahezu alle Wirtschaftszweige.
In vielen Fällen ist dennoch Spielraum für Working-Capital-Optimierungen: Sicherlich sind die Verhandlungen mit Kunden und Lieferanten nicht leicht, aber es ist essenziell, sie zu führen. Zudem gibt es in einigen Branchen durchaus hohe Cash-Bestände, die nun über Lieferantenfinanzierungen zurück in den Markt gegeben werden könnten. Dazu gehören beispielsweise Online-Einzelhändler und Telekommunikationsunternehmen, deren Geschäfte von der Coronakrise zum Teil sogar profitieren konnten.
Schritt 4: Neue Finanzierungsquellen erschließen
Wenn der Liquiditätsbedarf klar ist und das interne gebundene Kapital gehoben ist, geht es im letzten Schritt darum, neue externe Quellen zu erschließen. Dazu gehören neben Bank- und Kapitalmarktfinanzierungen insbesondere das von der Bundesregierung angekündigte Sonderprogramm der staatlichen Förderbank KfW.
Dieses kann primär von Unternehmen in Anspruch genommen werden, die „krisenbedingt vorübergehend in Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind“, laut KfW-Website. Beantragt werden müssen die Hilfen weiterhin über die Hausbank.